In Zeiten des Fachkräftemangels ist hohe Mitarbeiterfluktuation ein Problem, das sich Betriebe nicht leisten können. Doch viele Unternehmen in der Region haben ausgerechnet damit zu kämpfen.
Auch für die Mitarbeiter, die im Unternehmen bleiben möchten, ist ständiger Wechsel im Kollegium schwierig: Nicht abgeschlossene Projekte der Wechsler müssen aufgefangen werden, neue Mitarbeiter müssen eingearbeitet werden – und die Mehrarbeit bleibt an den »alten Hasen« hängen. Abteilungsleiter und Mitarbeiter in Führungspositionen sehen sich unter Umständen mit der Verantwortung für große Projekte und gleichzeitig schwindender Arbeitskraft konfrontiert.
Gute Mitarbeiter möchten gute Projekte
»Das Problem ist groß«, bestätigt Business-Coach Markus Buschmann. Einer der wichtigsten Gründe, warum sich Mitarbeiter nach einem anderen Arbeitgeber umsehen, sei Perspektivlosigkeit am aktuellen Arbeitsplatz, erklärt er. »Gute Mitarbeiter wollen an guten Projekten arbeiten – und zwar im Team mit anderen guten Mitarbeitern.« Werden ihnen keine adäquaten Herausforderungen geboten, sehen sich ehrgeizige Arbeitskräfte auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nach neuen Möglichkeiten um. Gerade diese hochmotivierten Top-Mitarbeiter sind das Herzstück eines jeden Betriebs, welche es – im Sinne der Wirtschaftlichkeit des ganzen Unternehmens – zu erhalten gilt.
Innovationsprojekte
»Daher muss man den Mitarbeitern Perspektiven aufzeigen – nicht nur reden, sondern tatsächlich gute Projekte bieten und Versprechen einhalten«, betont Buschmann. »Taten entscheiden!« Fortschrittliche Unternehmen seien daran interessiert, dass ihre Mitarbeiter fachlich und auch persönlich weiterkommen. Sie schaffen beispielsweise Raum für Innovationsprojekte, so Buschmann: »Etwa fünf Prozent ihrer Arbeitszeit sind Mitarbeiter für Innovationsprojekte freigestellt, an denen sie frei arbeiten können, ohne Ziele und ohne Rechenschaft ablegen zu müssen – sie haben so Raum sich zu entfalten, frei Gedanken auszutauschen, gemeinsam Dinge zu entwickeln und Projekte zu kreieren.« Freiräume tragen entscheidend zur Zufriedenheit und damit Beständigkeit des Teams bei.
Job mit Benefits
»Innovative Unternehmen tun viel für ihre Mitarbeiter «, sagt Buschmann. Mit Benefits wie außerordentlichen Prämienzahlungen, Energiekostenzuschuss, Fitnessstudio, Mittagessen und vielem mehr machen sich Arbeitgeber bei ihrem Team beliebt. Allerdings werde das von vielen Mitarbeitern nicht im erwarteten Ausmaß geschätzt, so Buschmann. Vor allem könne der Schuss nach hinten losgehen, wenn der Vergleichsfaktor nicht berücksichtigt wird. Das fange beim Stuhl am Arbeitsplatz an und höre bei der Innenausstattung der Firmenautos nicht auf: »Der Vergleich mit den Kollegen steht bei den Mitarbeitern im Vordergrund«, erklärt Buschmann. Daher ist es für die Mitarbeiterzufriedenheit entscheidend, dass alle in vergleichbaren Positionen auch das Gleiche bekommen.
Führungskultur und Mitarbeiter-Verantwortung
Der Chef und die Führungskultur im Unternehmen haben den größten Einfluss auf die Zufriedenheit und damit die Stabilität des Teams. »Der Chef kann für gerechte Arbeitsbedingungen sorgen und lebt die Unternehmenskultur vor«, erklärt Buschmann. Allerdings ist auch jeder Mitarbeiter innerhalb seines Einflussbereichs gefordert: »Wenn ich mittratsche und -schimpfe, dann zieh ich mich auch selbst mit runter«, erklärt Buschmann. »In dem Moment, in dem ich das mache, geht es mir vielleicht gut, aber die Stimmung verbessere ich nicht.« Mitarbeiter können persönlich Verantwortung übernehmen und in ihrem Bereich Positives sehen und kommunizieren – und so zu einem guten Klima beitragen.
Wertschätzung
Gehälter müssen zwar stimmen – wer unterdurchschnittlich bezahlt, kann keine überdurchschnittliche Arbeit erwarten. Doch ein gutes Gehalt reicht nicht aus, um Top-Mitarbeiter langfristig zu halten, so Buschmann: »Gehalt spielt weniger eine Rolle als die Wertschätzung. « Das Gefühl nicht wertgeschätzt zu sein, sei einer der häufigsten Gründe, warum Mitarbeiter kündigen. »Führungskräfte tun gut daran, sich die Projekte ihrer Mitarbeiter auch mal detailliert vorzunehmen und konkret zu loben, was gut gemacht wurde«, rät Buschmann. »Das wird als wirkliche Wertschätzung verstanden, nicht nur als Floskel.«
Markus Buschmann ist Unternehmensberater und Führungskräfte-Coach in Reutlingen und Umgebung. In seinem Arbeitsalltag erlebt er täglich den Einfluss der Führungskultur auf Teams.
Foto: Ion Buz