Zur REGIOALBJOBS.de Hauptseite

Empathie und professionelle Distanz – Teil 2

Als Führungskraft war es Gisela Weber immer ein Anliegen, junge Menschen für ihre Profession – für die Pflege – zu begeistern. In erster Linie wirkt natürlich ihre eigene Begeisterung ansteckend. Aber sie hat auch viele Punkte nachvollziehbar reflektiert, die beim Blick von außen zunächst abschreckend wirken mögen.

Im Wechsel von „schnell von A nach B kommen“, dann aber beim Patienten selbst zu 100 Prozent im Hier und Jetzt zu sein, sieht Weber z.B. eine Herausforderung, gerade in der ambulanten Schiene des Pflegeberufs. Aber eine, die es zum Wohle des Patienten gut zu bewältigen gilt: „Ich bin vielleicht die Einzige, die an diesem Tag den Patienten sieht. Also muss ich achtsam sein, um jedes noch so kleine Anzeichen für eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands wahrnehmen zu können.“

Und nach den stressigen Touren kommt der leidige Papierkram – oder? „Die Dokumentation gehört zur Fachlichkeit mit dazu. Als eigene Erinnerungsstütze, aber auch, damit sich das Kollegenteam schnell in den Krankheitsfall einarbeiten kann“, sagt Gisela Weber. Wenig hält sie jedoch von einem überbordenden Papierkram, bei dem im Hinblick auf eine mögliche spätere juristische Auseinandersetzung jeder Handgriff notiert wird.

Und wie geht ein Pflege-Profi mit dem Thema Tod um? „Der Tod gehört zum Leben“, sagt die Neu-Ruheständlerin, und es ist zu spüren, dass sie hinter dieser Aussage steht. „Unsere Aufgabe ist es in diesen Fällen, für Patienten und Angehörige ein Umfeld zu schaffen, in der ein würdevoller Abschied gelingt. Rückmeldungen, teils noch nach Jahren, zeigen mir, dass so etwas durchaus möglich ist.“

Dennoch gehe bei niemandem der Tod eines Menschen, den er über Jahre hinweg ambulant begleitet habe, spurlos vorüber. Ihrem Pflegeteam, das sie betreut hatte, stand in solchen Fällen ihre Tür für ein entlastendes Gespräch immer offen: „Sie sollten in ihren Feierabend gehen können, ohne das mit heimzunehmen“, war ihre Devise.

Betraf es sie selbst, so suchte und fand sie immer die notwendige Ablenkung bei der Arbeit in ihrem Garten. Und es half ihr immer auch weiter, sich den gesamtgesellschaftlichen Nutzen ihrer Arbeit vor Augen zu führen. 70 Prozent der Pflegebedürftigen, so sagt sie, werden von ihren Angehörigen versorgt – und je älter sie werden, desto länger dauert die Pflegesituation an. „Wir sind mit unserer Arbeit auch dazu da, die Angehörigen zu entlasten und ihnen Tipps zu geben, wie sich die Pflege einfacher gestalten lässt. Wir Pflegefachkräfte unterstützen damit indirekt auch die Millionen von Angehörigen, damit sie diesen aufopferungsvollen Dienst überhaupt leisten können.“

💡 Über den Text: Dieser Beitrag zeigt Ausschnitte aus einem Interview mit Gisela Weber, das die GEA-Redaktion (gw) anlässlich des Ruhestands der langjährigen Pflegedienstleiterin der Diakoniestation Härten geführt hat. Der daraus entstandene Artikel „Empathie und professionelle Distanz“ erschien erstmals im März 2023 als Teil des Job-Specials „Fachkräfte für die Pflege“.

Folgen Sie uns auf Social Media:

Weitere Blogbeiträge

Abschiedskultur im Unternehmen

Wenn man so darüber nachdenkt, kommen im Lauf eines Berufslebens erstaunlich viele »letzte Arbeitstage« zusammen. Schließlich muss es dabei nicht unbedingt um eine Kündigung gehen: Auch der letzte Tag in der alten Abteilung, der Abschluss einer Ausbildung oder der Abschied in die Elternzeit haben genauso viel mit Abschied wie mit Aufbruch ins Abenteuer zu tun.

Weiterlesen »

Gehen oder bleiben? Was bei der Entscheidung helfen kann

Kündigen ist immer mit Nervenkitzel verbunden. Und wenn die Kollegen von schwierigen Zeiten und schlechter wirtschaftlicher Lage munkeln, sowieso. Gehen oder bleiben – wie soll man sich da bitte entscheiden?

Für das Top Arbeitgeber Magazin 2021 hat Nadine Wilmanns diese Fragen einer Expertin gestellt: Nina Lehmann steht Fach- und Führungskräften als Life-Design- und Karriere-Coachin bei der (Weiter-)Entwicklung ihrer beruflichen Perspektiven zur Seite.

Weiterlesen »

Struktur gewinnt: Bessere Messenger-Nachrichten im Beruf

Ob Microsoft Teams, Slack oder WhatsApp: Die meisten von uns nutzen im Verlauf eines typischen Arbeitstages mindestens einen Messenger, um mit Kollegen oder Kunden, Vorgesetzten oder vielleicht auch den Azubis zu kommunizieren. Und es wird auch sicher niemand abstreiten, dass eine schnelle Chat-Nachricht auch im Berufsleben einige Vorteile hat. Anders als bei einem Anruf spielt der Geräuschpegel in unserer Umgebung für die Verständlichkeit im Chat keine Rolle – und es muss auch niemand darauf warten, dass das Gegenüber seine E-Mails abruft. 

Weiterlesen »

Cannabisverbot am Arbeitsplatz?

Im April 2024 trat das Cannabis-Gesetz in Kraft. Seitdem ist es in Deutschland – unter bestimmten Bedingungen – straffrei möglich, Cannabis anzubauen, zu kaufen und zu konsumieren. Aber was gilt nun eigentlich im Arbeitsalltag? Ist ein Joint am Arbeitsplatz tatsächlich auch erlaubt? Ein Blick auf den rechtlichen Rahmen zeigt: Kommt ganz drauf an!

Weiterlesen »

Ausbildung mit Hightech-Faktor

Die Manz AG ist ein weltweit tätiges, mittelständisches Hightech-Maschinenbauunternehmen mit rund 1.500 Beschäftigten — und mehr als 30 davon sind Auszubildende und Studierende. Mit Fokus auf die Automobilindustrie und Elektromobilität, Batteriefertigung, Elektronik, Energie sowie Medizintechnik entstehen hier ganz nach dem Motto »Hightech made in Baden-Württemberg« innovative und effiziente Produktionslösungen.

Weiterlesen »

Heilerziehungspflege ist seine Passion

Wenn Tobias Schreiber den Raum betritt, wird sein Lächeln mit viel Freundlichkeit erwidert. Alle wollen was von ihm, sei es Hilfe beim Lesen eines Textes, beim Halten der Backschüssel oder einfach beim Gang zur Toilette. Der Heilerziehungspfleger (HEP) liebt, was er tut.

Weiterlesen »